Kommt ihr mit?
Wir gehen einen gemütlichen Wanderweg im Rottal, südlich von Mainhardt.
Unser Ziel ist die Hankertsmühle, ein ehemaliger Schauplatz schrecklicher Ereignisse.
Vom Parkplatz bei der Rössertsmühle aus gehen wir los entlang des Flüsschens Rot.
Es wird uns bis zu unserem Ziel begleiten.
Bald kommen wir an einem See vorbei. Leider war ich mit der Kamera zu langsam, die scheuen Graugänse (?) flatterten davon und schwammen gemütlich auf dem See. Wenn ihr das vierte Bild unten vergrößert und genau hinschaut, seht ihr sie davonfliegen.
Und schon sind wir an dem Grillplatz angekommen, der unmittelbar neben der Hankertsmühle liegt.
Nach einer kleinen Rast gehen wir über die Brücke und schon sind wir am Ziel.
An die ehemalige Mühle erinnert nur ein übrig gebliebener Torbogen des Wohnhauses. Man kann heute nur erahnen, welches Leid und welche Dramen sich an diesem idyllischen Ort zugetragen haben.
Bei einem Unfall im Jahr 1908 verlor der letzte Müller der Hankertsmühle Jakob Trinkle seine Frau. Sie geriet mit ihrer Kleidung in einen Antriebsriemen und wurde tödlich verletzt.
Für die Zukunft hatte er keine Hoffnung mehr, deshalb verkaufte er, nachdem er 47 Jahre hier Müller war, im Jahr 1912 das Gut an einen Holzhändler und an den Rösslewirt im Ort Grab und wanderte im Alter von 67 Jahren nach Amerika aus zu seinen Söhnen, die schon zuvor dorthin ausgewandert sind. Tränkle beschreibt diesen Ort als „Jammerloch“ und „Schinderplatz“.
Eine weitere tragische Geschichte wurde von Heimatforschern entdeckt.
Aus Archiven geht hervor, dass die Mühle „Hankatzmühle“ aus dem Jahr 1307 stammt.
Sie wurde 1371 von den Gebrüdern Cunat und Götz von Rot an die Schenken Albrecht und Cunat von Limpurg verkauft.
Es wird auch berichtet, dass während des Dreißigjährigen Krieges Soldaten in dieser Gegend wüteten. Das war im Jahr 1634. Es wurde die Hainckartsmühle geplündert und den damaligen Eigentümer, den Müller Lienhardt Klenck überfallen und ausgeraubt.
Aus Aufzeichnungen geht hervor, dass die Soldaten dem Müller Klenck den „Schwedischen Trank“ verabreichten. Das war eine Foltermethode aus der damaligen Zeit. Dabei wurde den Opfern große Mengen Flüssigkeit, die aus Jauche, Urin und Kot bestand, eingetrichtert. Dem Müller sind angeblich „ain Korn Simri Wasser“ eingeschüttet worden, das entspricht gut 22 Litern.
Außerdem wütete auch die Pest.
Was Klenck letztendlich dahinraffte, weiß man heute nicht. Die Ära Klenck bestand rund 100 Jahre.
Die Mühle stand danach einige Jahre leer. Im Jahr 1640 kam sie in den Besitz der Familie Wieland. Hans Leonhard Wieland baute das Wohnhaus, zu dem der heute noch bestehende Türbogen gehört, im Jahr 1745 um.
Vermutlich stammt die Inschrift auf einem Stein von dieser Familie:
„Gerechtigkeit und Frieden liebe ich“ – kann man da lesen.
Darunter sind die Buchstaben „H“, „W“ und „L“ zu lesen.
Etwa 200 Jahre lang besaßen die Wielands die Mühle bis mindestes 1832.
1865 übernahm dann Jakob Tränkle, der letzte Müller, das Anwesen.
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Brigitte (Freitag, 17 Mai 2024 23:20)
Liebe Traudi,
da bin ich gerne mitgewandert. Nur bei dem Gedanken an das „besondere Getränk“ wird mir ganz flau im Magen. Eine interessante Geschichte.
Wünsche sonnige Pfingsten,
Brigitte
Morgentau (Samstag, 18 Mai 2024 09:28)
Das musst du mich nicht zweimal fragen, liebe Traudi. Auf jeden Fall komme ich mit, ich liebe solche Spaziergänge. Mit deiner Erzählung und den schönen Fotos machst du mir eine große Freude!
Wie schicksalsträchtig dieser Ort ist, kann man sich kaum vorstellen. Und doch habe ich genau an solchen Orten oft ein merkwürdiges Gefühl. Als würden die geschundenen Seelen dort noch herumspuken.
Danke fürs Mitnehmen, das war toll!
Nun wünsche ich dir eine frohe Pfingstzeit
mit lieben Grüßen, Andrea
Fraukografie (Samstag, 18 Mai 2024 14:44)
Da hattet ihr eine wunderschöne Tour, liebe Traudi.
Danke, dass du uns mitgenommen hast an diesen schönen Platz, wenn auch mit trauriger Geschichte.
LG Frauke
Elke Heinze (Samstag, 18 Mai 2024 16:43)
Liebe Traudi,
die Fotos vom Torbogen und den Resten der Mühle muten ja schon wildromantisch an, aber die Geschichte dazu lässt mich schaudern. Erst dachte ich ja, dass der Name von einem Richtplatz, vom Henker kommt, aber das war dann wohl nicht richtig.
Herzliche Grüße und frohe Pfingsten
Elke
aufden2tenblick (Sonntag, 19 Mai 2024 13:57)
Ein schöner Spaziergang zu dem geschichtsträchtigen Ort.
Grausam mit seiner Vergangenheit, wie so oft bei Ruinen. Lange ist nun schon das Moos über die Sache gewachsen, aber gewiss strahlt noch etwas davon aus, nicht nur Schlechtes!
Liebe Grüße,
Syntaxia
kelly (Montag, 20 Mai 2024 07:01)
Wanderung in schöner Umgebung und dazu Informationen, es wird wirklich Zeit mich einer Gruppe anzuschließen.
Erst dann ist so ein Tag rund.
So weit zurück in der Geschichte zu forschen ist hochinteressant, bestimmt in kleinen Gemeinden sehr selten.
Danke für die Inspiration, gehe ich also heute mal in unser Historisches Museum, zu der Allmers Ausstellung Ende April hatte ich es eh vor.
Normal allerdings montags geschlossen, vielleicht Pfingstmontag die Ausnahme, ansonsten nur eine Wanderung.
Liebe Grüße!
Gudrun (Freitag, 24 Mai 2024 07:28)
Ich bin jetzt gern mit dir mit gegangen, liebe Traudi. Der Weg ist gut, da schaffe ich das auch mit dem Rolli.
Ich finde es immer wieder bemerkenswert, was du alles an Informationen sammelst und zu Beiträgen verarbeitest. Das ist alles höchst interessant und lesenswert. Danke dafür.
Liebe Grüße